Generalanzeiger Bonn 17.Mai 2001

„Die Südtangente zerstört den ländlichen Raum“

INTERVIEW Rudolf Pieper hält den Bau durch den Ennert für unzulässig. Bürgervereine im Kirchspiel Stieldorf laden für den 31.Mai zu einer Informationsveranstaltung über das Straßenprojekt ein

KÖNIGSWINTER. Die sechs Bürgervereine im Kirchspiel Stieldorf haben ein gemeinsames Problem: die Südtangente. Weil die Vereine aus Vinxel, Rauschendorf, Oelinghoven, Bockeroth, Stieldorferhohn und Stieldorf meinen, dass wegen der geplanten Straße (Querspange zwischen der Bonner Südbrücke und der Köln/Frankfurter Autobahn) mit einem größeren Verkehrsaufkommen in der Bergregion Königswinters zu rechnen ist, haben sie sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Über deren Sinn und Zweck sprach der Vorsitzende des Bürgervereins Vinxel, Rudolf Pieper, mit Uta Effern-Salhoub.

GA: Lehnen Sie die Südtangente ab?

PIEPER: Die Südtangente ist meiner Meinung nach abzulehnen, da sie eine unzumutbare Belastung bedeutet und weil sie den ländlichen Raum beeinträchtigt beziehungsweise zerstört. Die Bürgervereine im Stieldorfer Raum haben für den 31. Mai zu einer Informationsveranstaltung in das Dorfgemeinschafthaus nach Oelinghoven eingeladen. Beginn ist um 19.30 Uhr. Wir wollen erreichen, dass alle Informationen auf den Tisch kommen und die Bürger an der Meinungsbildung beteiligt werden, Nach unseren bisherigen informationen lehnt die große Mehrzahl die Südtangente ab.

GA: Als vor mehr als zehn Jahren im Siebengebirge der Protest gegen den Bau des ICE von Köln nach Frankfurt laut wurde, gründete sich eine „Bürgerinitiative gegen die Schnellbahn“. Haben Sie etwas Vergleichbares vor?

PIEPER: Wie Sie wissen, besteht bereits die Bürgerinitiative „Lebenswerte Siebengebirgsregion“. In welcher Form die Bürgervereine künftig aktiv werden, ist im einzelnen noch nicht festgelegt.

GA: Wie lauten Ihre Forderungen an die Verkehrsplaner?

PIEPER: Sollte der Bau der Tangente gegen den Willen der Bevölkerung im hiesigen Raum realisiert werden, wird dies frühestens in zehn bis 15 Jahren der Fall sein. Auf keinen Fall darf, wie in den zurückliegenden Jahrzehnten, der mögliche Bau dazu führen, dass dringend notwendige Verkehrsmassnahmen wie Ortsumgehungen nicht umgesetzt werden. Wir erwarten deshalb kurzfristig die Vorlage einer umfassenden Verkehrskonzeption.

GA: Sollten Ihre Forderungen nicht erfüllt werden, würden Sie dann notfalls gegen die Trassenführung klagen?

PIEPER: Klagerecht haben meines Wissens nur betroffene Grundstückseigentümer. Dies wird sich aber nach meiner Meinung erübrigen, da nach der EU-Richtlinie „Flora-Fauna-Habitat“ (FFH) der Bau der Südtangente durch den Ennert wahrscheinlich unzulässig ist.

GA: Die Stadt Königswinter hat sich unlängst für den Bau der umstrittenen Bundesstraße ausgesprochen. Was erhoffen Sie sich noch vom gemeinsamen Vorgehen der sechs Bürgervereine?

PIEPER: Dass der Stadtrat sich wirklich ernsthaft mit dem Problem auseinandersetzt und nicht nur auf die Südtangente wartet, um eine Entlastung Ittenbachs und Oberdollendorfs zu Lasten des Stieldorfer Raumes zu erreichen. Meines Erachtens ist die 1992 als umweltverträglichste beurteilte Lösung, die Variante 5, ein Oelbergtunnel mit Ortsumgehung von Ittenbach zur A3, heute verbaut. Die Kreisstraße 25 von Vinxel nach heisterbach, die Anfang der 70er Jahre gebaut wurde, halte ich für eine Fehlplanung, da sie nach Oberdollendorf ins Nadelöhr führt. Damals wäre bei einem Neubau der L490 von Vinxel nach Römlinghoven noch eine direkte Anbindung an die B42 möglich gewesen. Heute ist diese Fläche zwischen Römlinghoven und Oberdollendorf ebenfalls bebaut.

GA: Gibt es hinsichtlich der seit vielen Jahren geforderten Verkehrsentlastung der Siebengebirgsorte Alternativen zur Südtangente?

PIEPER: Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs gemeinsam mit der Stadt Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis ist ein Punkt. Hinzu kommen verkehrslenkende Massnahmen auf der A3 über die Autobahn in Sankt Augustin zur Nord- beziehungsweise Südbrücke. Ferner die vorgenannten Massnahmen wie Verbesserungen durch Ortsumgehungen, Änderungen in der Verkehrsführung und vieles andere mehr.

 

DIE FORDERUNGEN

Sollte die Südtangente gebaut werden, müssen nach Ansicht der sechs Bürgervereine folgende Vorschläge beim Bau der Trasse berücksichtigt werden: Trasse in Troglage mit Abdeckung von Oberholtorf bis hinter die L83 (Straße Stieldorf-Roleber); keine Anbindung der L 83 an die Südtangente; die Lauterbachbrücke an der L490 (Straße Stieldorf-Birlinghoven) soll möglichst niedrig gebaut werden; Troglage mit Abdeckung zwischen Rauschendorf und Birlinghoven von der Lauterbachbrücke bis zur A3; Unterquerung des ICE und der A3. Außerdem fordern die Bürgervereine zusätzlich zur Südtangente folgende Massnahmen: Anbindung der L83 (Straße Ittenbach-Stieldorf) und der L268 (Straße Oberpleis-Dollendorf) an die A3 durch eine Autobahnauffahrt bei Bellinghausen. Alternativ: Ortsumgehung von Stieldorf und Oelinghoven durch die ursprünglich geplante Verlegung der L83 von der Straße aus Stieldorferhohn zur L490. Ortsumgehung von Vinxel durch Verlängerung der K25 (Heisterbach-Ettenhausen) vom Parkplatz am waldrand in Richtung Niederholtorf. Alle Forderungen werden bei einer Informationsveranstaltung zum Thema Südtangente am Mittwoch, 31.Mai, ab 19.30 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus in Oelinghoven zur Diskussion gestellt.