Alter Heeresweg 32
53639 Königswinter
3.Mai 2001
An den
Wirtschafts- und Verkehrsminister des Landes NRW
Herrn Ernst Schwanhold
Haroldstr 4
40213 Düsseldorf
Betr.: Projekt „Südtangente“ (B56neu) der CDU Königswinter
Sehr geehrter Herr Minister,
vor kurzem haben Sie einen Brief des CDU-Stadtverbandes Königswinter erhalten, in dem dieser sich für die sogenannte „Südtangente“ (B56 neu) ausspricht und behauptet, es gebe dazu „keine Alternative“. Wir halten, wie sehr viele Bürger in den von dieser Strassenplanung betroffenen Städten Königswinter, Bonn und St.Augustin auch, die in diesem Brief aufgestellten Behauptungen für glatte Desinformation und möchten Ihnen daher einige Korrekturen zu diesem Brief übersenden. Wir bitten Sie vor allem, zur Kenntnis zu nehmen, dass die „Südtangente“ sowohl in ihrem rechtsrheinischen wie auch in ihrem linksrheinischen Verlauf seit 30 Jahren in höchstem Masse umstritten ist wie kein anderes verkehrspolitisches Projekt. Diese Strasse war immer nur ein Projekt der CDU Rhein-Sieg; selbst in der Bonner CDU ist dieses Projekt in höchstem Masse umstritten. Sie werden sich selbst keinen Gefallen tun, wenn Sie den Behauptungen der Königswinterer CDU direkt folgen.
· Zur Behauptung, die Verhinderung der Südtangente „blockiere die Entwicklung der Stadt und ihres Hinterlandes“: Das Ziel der Königswinterer CDU, die Einwohnerzahl der Stadt von derzeit 37200 auf 50 000 anwachsen zu lassen, ist weder umwelt- noch sozialverträglich realisierbar. Bereits heute weist die Stadt Baugebiete in einem Tempo aus, mit dem sie selbst nicht mehr Schritt halten kann. Sie kümmert sich weder um eine angemessene Ausweitung des öffentlichen Personennahverkehrs – immer schon ein Stiefkind im Rhein-Sieg-Kreis – noch um den Ausbau der dörflichen Infrastruktur. Hunderte Kindergartenplätze fehlen in Königswinter; die Stadt ist bis heute nicht Trägerin auch nur eines einzigen Kindergartens: das soll die Bürgerschaft doch bitte selbst organisieren. Im wöchentlichen Rhythmus berichtet die Lokalpresse über neue Bürgerinitiativen gegen die hemmungslose Bebauungspolitik der Stadt. Immer mehr Bürger machen deutlich, dass sie diese Art „Entwicklung“ der Königswinterer CDU ablehnen.
· Der „ständig wachsende Verkehrsstrom durch die engen Siebengebirgsstrassen“ ist daher im wesentlichen ein hausgemachtes Problem der konzeptlosen Expansionspolitik der Königswinterer CDU. Der Fraktionsvorsitzende der Königswinterer CDU-Ratsfraktion hat vor der Kommunalwahl noch angekündigt, er werde keinem neuen Baugebiet mehr zustimmen, bevor es keine Lösung der dadurch verursachten Verkehrsprobleme gebe. Nach der Wahl hat er diese Ankündigung sofort wieder vergessen. Der Bundesverkehrswegeplan ist nicht für die Lösung hausgemachter kommunalpolitischer Probleme zuständig, sondern für überregional bedeutsame Verkehrswege. Niemand entlang der nahe an Wohngebieten verlaufenden Südtangenten-Trasse ist bereit, künftig neben einer Autobahn-Entlastungsstrasse für die A3 und den Kölner Ring zu wohnen. Der Widerstand nimmt spürbar zu.
· Konsequenterweise führt der Entwurf des Gebietsentwicklungsplans des Kölner Regierungspräsidenten aus: „Soweit Strassen für den vorwiegend grossräumigen Verkehr durch Regional- und Nahverkehre stark überlagert werden und die vorrangige Fernverkehrsfunktion dadurch beeinträchtigt wird, sollen Massnahmen und Programme für eine Verlagerung des Regional– und Nahverkehrs auf andere Verkehrsträger entwickelt werden“ (S.99). Im Klartext: Das Land will keine Bundesstrassen für den Königswinterer Nahverkehr, da in einem solchen Fall der Nahverkehr auf andere Verkehrsträger verlagert werden sollte. Wir meinen, dass man diese Verlagerung auch ohne den Umweg über den Bau einer Bundesstrasse bereits heute machen kann und muss. Wir bitten Sie, der Königswinterer CDU dies entsprechend mitzuteilen, da sie sich dieser Erkenntnis bisher hartnäckig verweigert.
· Vollends absurd sind die Milchmänner-Rechnungen, ohne den Bau der Südtangente entstünden jährliche Kosten durch Staus in Höhe von 30 Millionen Mark. Einen erheblichen Teil dieser Kosten müsste man unverzüglich der Königswinterer CDU in Rechnung stellen, weil sie diese Staus durch ihre konzeptionslose Bebauungspolitik und ihre demonstrative Missachtung der öffentlichen Verkehrsmittel selbst verursacht. Sie könnten genausogut zusammenrechnen, was an Kosten zusammenkommt, wenn Sie all die dadurch verursachten unnötigen Wartezeiten der ÖPNV-Kunden oder gar die unzähligen verlorenen Stunden der durch fehlende ÖPNV-Angebote zum Autofahren gezwungenen Pendler zusammenrechnen, die sich lieber in Bus oder Bahn mit interessanteren Tätigkeiten beschäftigen würden als sinnlos am Steuer sitzend Zeit zu verlieren. Wer mit solchen Rechnungen suggeriert, die Südtangente würde eigentlich gar keine Kosten verursachen, disqualifiziert sich selbst als seriöser Gesprächspartner.
· Aus all diesen Gründen schliessen wir uns der Bewertung der „Südtangente“ des Kölner Regierungspräsidenten in seinem Entwurf für den Gebietsentwicklungsplan an (S.100/101): „Für die Abschnitte zwischen der B 56 (Witterschlick) und der B9 (Kennedy-Brücke) sowie zwischen der A 59/ B42 (Ramersdorf) und der A 3 (Dambroich) ist trotz langjähriger intensiver Suche keine landschaftsverträgliche Linienführung gefunden worden. Die Durchfahrung dieser Räume mit einer weitläufig trassierten Schnellstrasse würde in einem breiten Korridor die in hohem Masse schutzwürdige Landschafts-Charakteristik entwerten und kaum ausgleichbare Durchschneidungsschäden verursachen; Tunnelvarianten galten mittlerweile als zu aufwendig. Die Massnahme wird z.Zt. als nicht realisierbar angesehen.“ Dies ist im übrigen auch die Meinung Ihrer Parteifreunde in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis. Wir fordern Sie daher auf, für die Landesregierung wie schon in der Vergangenheit die Südtangente unmissverständlich abzulehnen und bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans ein entsprechendes klares Votum abzugeben.
Im übrigen können Sie eine Vielzahl weiterer Argumente auf unserer Internetseite www.suedtangente.de nachlesen.
In Erwartung Ihrer positiven Antwort
Mit freundlichen Grüssen
Für den Vorstand
Jürgen Maier