Hilke Andreae-Hinrichs, SPD-Ratsfrau aus Königswinter-Stieldorf, schrieb im Dezember 1996 im Königswinterer SPD-Blättchen »Berg & Tal« (Nr.77, S.5):

Erst am 6.November [1996] wieder hat die Bundesregierung in einer Fragestunde des Bundestages ihre Absicht bekräftigt, die Südtangente zu bauen. Dabei ist sie bereit, gravierende Eingriffe in Natur und Landschaft hinzunehmen, da Naturschutz und Landschaftspflege nicht die einzigen Faktoren seien, die zu berücksichtigen sind. Auf die Lärm- und Abgasbelastung der Wohnbevölkerung an der Südtangente geht die Bundesregierung nicht ein. Sie hält die Verbindung des links- und rechtsrheinischen Autobahnnetzes mitten durch die Stadt Bonn, den Ennert, das Ankerbachtal, die Hochfläche zwischen Vinxel und Holtorf und das Lauterbachtal für notwendig, um die Menschen im Siebengebirge zu entlasten.

Eine ganz andere Ansicht haben die Landesregierung, der Landschaftsverband und die Stadt Bonn (einschliesslich CDU). Die halten die Südtangente aus ökologischen und verkehrsplanerischen Gründen für nicht vertretbar und können sich dabei auf eine Reihe von Gutachten und Umweltverträglichkeitsstudien aus den letzten Jahren stützen. Keine einzige von ihnen befürwortet die Südtangente.

Was würde die Südtangente für die nördlichen Ortsteile von Königswinter, für Nieder- und Oberholtorf und Birlinghoven nach den vorliegenden Gutachten bedeuten?

· Sie würde zu einer zusätzlichen Belastung von mindestens 20 000 Fahrzeugen führen und das Ankerbachtal, die Hochfläche zwischen Vinxel und Niederholtorf und das Lauterbachtal mit einem Lärm- und Abgasteppich belegen;

· Sie würde schlimme ökologische Schäden verursachen;

· Sie würde nur eine geringe Entlastung für die heute hochbelasteten Ortsteile Ittenbach und Dollendorf bringen, nämlich eine Reduktion der Fahrzeugzahl um 25% in Ittenbach und um 20% in Dollendorf.

· Sie würde den Verkehr auf der L143 durch Uthweiler mehr als verdoppeln.

Daraus ergibt sich: Für eine geringfügige Entlastungswirkung in Ittenbach und Dollendorf müsste als Preis eine ernorme Belastung der nördlichen Stadtgebiete gezahlt werden!

Wer die Südtangente fordert und den Ittenbacher und Dollendorfer Bürgern verspricht, damit könnten die Verkehrsprobleme in ihren Ortsteilen gelöst werden, handelt populistisch, denn:

· Die Südtangente bringt nicht die erhoffte Entlastung für Ittenbach und Dollendorf

· Sie lastet nach dem St.Floriansprinzip dem Nachbarn ein Riesenproblem auf, um die eigene Lage um eine Winzigkeit zu verbessern,

· Sie wäre das Alibi, andere, vernünftigere Lösungen für Ittenbach und Dollendorf nicht mehr zu fördern, z.B. den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

Populistisch ist ebenfalls die Behauptung, die Verkehrsprobleme in den Siebengebirgsorten könnten mit einer einzigen Massnahme auf einen Schlag gelöst werden. Nach dem Gutachten des Rhein-Sieg-Kreises kann eine vernünftige Lösung nur in einem Bündel unterschiedlicher Massnahmen mit gleicher Zielrichtung liegen, mit an vorderster Stelle der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

Die Bürgerinnen und Bürger von Vinxel, Stieldorf und Rauschendorf sind jedenfalls nicht bereit, sich für ein Riesenstraßenbauprojekt, das noch nicht einmal hält, was seine Befürworter sich von ihm versprechen, ihren Wohn- und Lebensraum ruinieren zu lassen.

Soweit Hilke Andreae-Hinrichs im Dezember 1996. Viereinhalb Jahre später hat sich an dieser vollkommen zutreffenden Lagebeschreibung nichts geändert. Während ein CDU-Ratsmitglied aus Birlinghoven im Kreistag offen gegen seine Fraktion gegen die Südtangente stimmen und im St.Augustiner Rat verhindern konnte, dass seine Fraktion für die Südtangente stimmt, gingen die SPD-Ratsmitglieder aus Rauschendorf in der Debatte in Königswinter bisher weitgehend auf Tauchstation. Aber auch in Königswinter werden Ratsmitglieder auf das Wohl des Volkes vereidigt, nicht auf die Parteidisziplin.